Maximale Höhe: 1000 m
Minimale Höhe: 666 m
Gesamtanstieg: 492 m
Gesamtabstieg: -704 m
Etappe 17 | Münchner Jakobsweg | Osterberg – Kempten
Bereits am gestrigen Abend nach Anbruch der Dunkelheit fiel mir auf, dass aufgrund der abgeschiedenen Lage des Bauernhofes, auf dem wir übernachteten, sich das Herunterlassen der Außenrollos für die Nacht erübrigte. Da sich das Anwesen weit weg von jeglicher Straßenbeleuchtung oder anderen Lichtquellen befindet, war es nachts richtig dunkel. Das erlebe ich leider sonst kaum. Bei uns in Vohburg – einer Kleinstadt unweit von Ingolstadt – brauche ich für einen gesunden Schlaf immer die Außenrollos. Die Lichtintensität der Lichtquellen im öffentlichen Raum würde ich bei uns daheim als mittelstark bezeichnen. Das halte ich daran fest, dass wir in klaren Nächten doch noch ein paar Sterne am Himmel zu sehen bekommen. In lichtverschmutzten Großstädten sieht es bedauerlicherweise oft viel schlimmer aus. Ich wünschte, dieses Thema würde bei der Kommunalpolitik eine höhere Beachtung finden.
Jetzt aber zurück zum Jakobsweg.
Nach einem leckeren Frühstück und beidseitigen Gute-Reise-Wünschen machten wir uns mit reichlich Proviant im Gepäck auf den Weg.
Heute erwartete uns der berühmt-berüchtigte Kempter Wald, unsere persönliche Tour de Force. Auf dem Weg dorthin querten wir erst einmal Oberthingau mit seiner schönen Kirche St. Stephan. Alsbald ließen wir die letzten Menschensiedlungen hinter uns und tauchten in den großen Wald hinein.
Wir waren richtig froh um das gute Wanderwetter. Bei 22 Grad und einem überwiegend mit Schleierwolken bedeckten Himmel ließ sich die anstrengende Wanderung einigermaßen gut bewältigen. Hitze, Gewitter oder Dauerregen mochte ich mir hier gar nicht vorstellen.
Auf dem Jakobsweg durch den Kempter Wald gab es nur zwei „zivilisierte“ Sitzmöglichkeiten: eine Schutzhütte, die „Gott schütze unsere Fluren“ genannt wird, und die Waldkapelle Betzigau.
An der besagten Kapelle trafen wir auf drei Radlerinnen, von denen eine sich anbot, ein Foto von Domi und mir mit meinem Handy zu machen. Eine nette Geste, wie ich finde.
An diesem Tag begegneten uns noch weitere Radlerinnen und Radler. Auch ein ganzer Vespen-Schwarm schwirrte an uns vorbei. Ja, Vespen. Es handelte sich dabei um eine circa fünfzehnköpfige Männergruppe in einheitlicher Bikerkluft, die auf kleinen Mopeds unterwegs waren. Das fanden wir ziemlich amüsant. Der Anblick der gestandenen Männer auf den kleinen Maschinen war einfach köstlich. Beim Vorbeifahren winkten wir uns alle freundlich zu. Was für eine Begegnung!
Ansonsten gestaltete sich die Wanderung ziemlich meditativ. Sie ließ mich ein wenig kreativ werden und so entstand ein Zweizeiler, den ich hier zum Besten geben möchte:
„Nach der heut’gen Waldtortur,
gibt es morgen Stadtkultur.“
Ein paar Worte zur Erklärung: In Kempten buchten wir gleich zwei Nächte, weil wir die Stadt gerne in aller Ruhe und mit kleinem Gepäck erkunden wollten.
Als wir endlich den Wald verlassen hatten, klatschten wir uns ziemlich erschöpft auf die erste Wiese hin. Eine Zeitlang lagen wir einfach nur da und beobachteten die Wolken am Himmel. Eine der Wolken sah wie ein Smiley aus. Der Himmel lächelte uns an.
Nun, auch die längste Pause geht irgendwann zu Ende. Die letzten Kilometer wollten bewältigt werden. Sie zogen sich langsam dahin. Wir mussten einige Pausen einlegen, so fertig waren wir mittlerweile. Unser Plan war, im „Bachtelweiher Garten“ – einem Restaurant mit Biergarten und einer Mini-Golf-Anlage – einzukehren.
Als wir auf einen freien Tisch mitten im Biergarten zusteuerten, wurden wir feierlich von den Besucherinnen am Nachbartisch begrüßt. Es waren die Damen, die wir gestern im Freiluftcafé in Osterberg kurz kennengelernt hatten! Es war fast so, als ob wir alte Bekannte getroffen hätten. Unsere fröhliche Unterhaltung erregte die allgemeine Aufmerksamkeit im Biergarten. Ringsherum erstarben die Gespräche. Für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, auf einer Theaterbühne zu stehen.
Schließlich nahmen wir an unserem Tisch Platz. Da es pro Tisch nur eine Menükarte gab, reichte mir eine andere aufmerksame Biergartenbesucherin ihre Speisekarte, damit ich mir nach den Anstrengungen des Tages schnellstmöglich was bestellen konnte. Wie nett!
Domi und ich waren uns einig: Alkoholfreies Radler und Allgäuer Kässpatzen waren für uns die beste Option.
Nach dieser wohlverdienten Pause wurde für uns Zeit, zu unserer heutigen Unterkunft zu gelangen. Da wir geplant hatten, den Bus zu nehmen, suchten wir die nächste Bushaltestelle auf. Mit dem Bus fuhren wir zunächst zum „Zentralen Umsteigepunkt Kempten“, kurz ZUM, wo wir – wie der Name schon vermuten lässt – in den nächsten Bus umgestiegen waren. ZUM machte seinen Namen alle Ehre.
Am Gasthaus „Alte Schmiede“ angekommen, suchten wir an der Eingangstür die richtige Klingel, fanden aber nur Namensschilder mit Privatnamen drauf, mit denen wir nichts anzufangen wussten. Das verwirrte uns. Wir beschlossen also, im angrenzenden Restaurant nachzufragen, wo wir hin müssten. Es stellte sich heraus, dass die Restaurantleute die richtigen Ansprechpartner für das gebuchte Zimmer waren. Auf der Website des Restaurants ist bis heute kein einziger Hinweis auf die Vermietung von Zimmern zu finden. Merkwürdig.
Wir lösten mit unserer Reservierung unter den jungen Barkeepern oder Kellnern ein wenig Chaos aus. Die Jungs waren bei der Zimmervergabe noch nicht sonderlich routiniert. Schließlich führte uns einer von ihnen in den ersten Stock ins Zimmer „Deluxe“. Es war ein frisch renoviertes Zimmer mit modernem Bad. Das Zimmer war dank der drei großen Fenster hell und freundlich. Obwohl die „Alte Schmiede“ direkt an einer vielbefahrenen Kreuzung steht, hörten wir bei geschlossenen Fenstern kaum den Straßenverkehr. Auch der gutbesuchte Biergarten störte uns nicht sonderlich. Das Einzige, worauf wir achten mussten, war die Tatsache, dass sich direkt unter unserem Badezimmerfenster eine Tür befand, die von der Küche zum Biergarten führte. Stand sie offen, kamen wir unweigerlich in den zweifelhaften Genuss der Küchenausdünstungen.
Ein weiteres Manko hatte unser „Deluxe“-Zimmer auch noch: kein WLAN. Auf Nachfrage bekamen wir die Zugangsdaten zum Restaurant-WLAN. Nun probierten wir es auf dem Zimmer. Na ja, wenn man in die Dusche stieg oder daneben auf der Toilette saß, glückte die Verbindung. Also können wir uns alle sicherlich gut vorstellen, an welchem Ort Domi viel Zeit verbrachte.
Da wir morgen keine Strecke laufen, sondern Kemptens Sehenswürdigkeiten besichtigen wollten, würden wir etwas länger ausschlafen können. Die bequemen Betten mit weicher Bettwäsche luden dazu richtig ein.
Im Gegensatz zu unserer letzten Unterkunft in Osterberg war es hier nachts relativ hell. Die Fenster verfügten nur über Innenrollos, die das Licht der Straßenbeleuchtung nicht im ausreichenden Maße draußen ließen. Aber wozu gibt es Schlafmasken? Meine erwies mir schon des Öfteren gute Dienste. Und so schliefen wir – zwei Deluxe-Pilger – selig ein.
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