Maximale Höhe: 851 m
Minimale Höhe: 751 m
Gesamtanstieg: 410 m
Gesamtabstieg: -451 m
Etappe 13 | Münchner Jakobsweg | Steingaden – Bernbeuren
Der dreizehnte Tag unserer Pilgerreise auf dem Münchner Jakobsweg machte seinem Namen alle Ehre! Keine Ahnung warum, aber ich startete mit schlechter Laune in den Tag. Trotz des guten Wanderwetters und einigen kleinen Highlights auf dem Weg wurde es später am Tag auch nicht viel besser. War es eine diffuse Vorahnung dessen, was uns heute Abend noch erwarten sollte? Mehr dazu später.
Der Tag fing eigentlich recht gut an. Das abwechslungsreiche Frühstücksbuffet im Gasthof Graf in Steingaden wurde im rustikalen Frühstücksraum angerichtet. Die nette, zuvorkommende Bedienung servierte die heißen Getränke dazu. Zur Abwechslung aßen wir heute wieder mal mit mehreren Gästen in einem Raum zusammen. Es herrschte eine heitere Atmosphäre.
Beim Auschecken bekamen wir sogar noch Pilgerstempel. Toll! Nun waren wir bereit, aufzubrechen.
Die heutige Pilgerschaft auf dem Jakobsweg war für mich sehr mühsam. Ich jammerte in einer Tour. Das machte meinen Sohn traurig, wodurch ich mich noch elender fühlte. Ich konnte und wollte meinen Frust nicht herunterschlucken. Ich suchte nach der Ursache für meine schlechte Laune. Vergeblich.
Immer wieder dachte ich an den Abbruch und sprach es auch laut aus. Ich wollte nicht mehr weiter. Ich hatte keine Lust mehr, mich bis nach Lindau am Bodensee zu schleppen. Dann riss ich mich an den Riemen und versuchte mit aller Kraft, dem heutigen Jakobsweg etwas Positives abzugewinnen.
Und es gab tatsächlich schöne Dinge auf dem Weg: die nette kleine Dorfkirche in Urspring, Steingädele – ein Dorf, dessen Name eine lustige, schwäbische Abwandlung des Ortsnamens Steingaden ist, eine Pilger-Rast aus Holzstämmen im Schatten der Bäume und viele süße Kühe.
In Lechbruck auf der Brücke über den grünen Lech hieß uns eine Tafel im Landkreis Ostallgäu willkommen.
Zum Mittag kehrten wir beim Kroaten in Lechbruck ein, bei dem neben kroatischen Gerichten auch bodenständige schwäbische Küche angeboten wird. Ein paar Tische weiter ging es sehr ausgelassen zu, sodass ein Gast immer wieder in schallendes Gelächter ausbrach, das an das Grunzen eines Schweinchens erinnerte. Sorry, das musste ich jetzt so sagen. Das Lachen war sehr ansteckend und heiterte mich auf. Die Welt sah wieder besser aus.
Weiter auf dem Weg gingen wir an einer Golfanlage vorbei. Das ganze Gehabe dort machte mich regelrecht aggressiv. Dicke Karossen, kurz geschorener Rasen, auf dem die Insekten nicht willkommen sind und eine Begegnung, die das Fass zum Überlaufen brachte. Unseren Weg kreuzte eine Frau mit zwei Kindern, die von einem Feld zum anderem ging, um weitere Golfbälle zu schlagen. Normalerweise grüßt man sich, wenn man sich auf dem Lande so nahe begegnet. Sie würdigte uns allerdings keines Blickes, so, als wären wir Luft und zeigte ihren Kindern damit gleichzeitig, dass man sich doch bitte nicht mit dem gemeinen Volk abzugeben braucht! Ist das zu fassen?!
Endlich in Bernbeuren angekommen, musste ich mich auf einer Bank sitzend sehr zusammenreißen, um nicht loszuheulen. So fertig war ich mit den Nerven und der Welt. Aber das Schlimmste sollte ja noch kommen!
Unsere Unterkunft – der „Doldewirt“ in Bernbeuren – entpuppte sich nämlich als purer Horror. So etwas hab ich meinen Lebtag noch nicht gesehen. Die Bezeichnung „Gasthof“ spottet jeder Beschreibung.
An dieser Stelle kann ich nicht anders, als einen kleinen Einblick in die Mängelliste zu gewähren: Die Möbel waren alt, schmuddelig und augenscheinlich wahllos zusammengewürfelt. Der Kleiderschrank so windig, dass man befürchten musste, er falle bei kleinster Berührung in sich zusammen. In der Deckenlampe befanden sich zwei hässliche Spar-Glühbirnen, die erst eine halbe Stunde vorglühen mussten, bis sie brauchbares Licht lieferten. In der Lampe auf dem Nachtkasten fehlte die Glühbirne komplett, war ja wohl zu viel verlangt. Das Kissen war ein verklumptes Etwas. Auf der Matratze fühlte man jede Feder. Der Tisch war dreckig mit Kaffee-/Teerändern drauf. Von Handtüchern keine Spur. Na ja, kein Schaden, die hätten wir vor lauter Ekel eh nicht benutzt. Nach dem Öffnen des Fensters strömte dank des benachbarten Bauernhofs sogleich die Landluft ins Zimmer. Nun ja, für seine Nachbarn kann man aber nichts.
Bitte tief Luft holen, es geht weiter:
Wir hatten ein Zimmer mit Etagendusche gebucht. In Steingaden beim „Gasthof Graf“ machten wir damit sehr gute Erfahrungen, also scheuten wir nicht, das wieder zu tun. Das war ein Fehler, wie es sich später herausgestellte. Auf dem Weg zur besagten Etagendusche entdeckte ich im großen Treppenhaus, in dem noch mehr unnütze und schmuddelige Möbel standen, eine Menge leerer Flaschen und benutzter Becher. Ich traute mich nicht, da genauer hinzusehen. In der Etagendusche fehlte die Befestigung für den Duschkopf und das Bad selbst war im Allgemeinen unangenehm. Wir verzichteten also auf das Duschen. Am nächsten Tag beim Verlassen des Gebäudes entdeckten wir eine weitere Etagendusche. OK, da konnte man zumindest den Duschkopf aufhängen. In diesem Badezimmer befand sich außerdem eine Toilette. Das Waschbecken fehlte allerdings. Wie kann man eine Toilette ohne Waschbecken bauen?! Was zum Kuckuck ist hier los?
Wer noch mehr Schauergeschichten lesen möchte, der findet sie beispielsweise hier:
Google Maps, Booking.com, Tripadvisor, HolidayCheck.
Und ganz ehrlich? Ich persönlich glaube nur den negativen Rezensionen. Ich frage mich, woher die wenigen positiven Stimmen überhaupt stammen. Das ist mir wirklich schleierhaft.
Zurück zu uns.
Leider waren wir zu erschöpft, um nach einer Alternative zu dieser Kammer des Schreckens zu suchen, also desinfizierte ich erst mal alles, was wir berühren mussten. Nach dem, was ich hier zu sehen bekam, traute ich der Küche keine Hygiene mehr zu. Die Konsequenz: wir verzichteten hier auf das geplante Abendessen. Etwas Studentenfutter und eine Tablette gegen die aufsteigende Migräne mussten das Abendmahl ersetzen.
Alles war so abartig und surreal, dass ich nicht wusste, ob ich lachen oder weinen soll.
Irgendwann fingen wir dann doch an, lauthals zu lachen, zu absurd war die Situation. Wir fühlten uns wie im falschen Film. Niemand würde uns glauben, wie es dort gewesen ist! Wer DAS erlebt hat, ist ein für alle Mal gegen künftige Widrigkeiten gewappnet. Ich denke, es war gut, beim Einchecken keinen Blick in die Küche geworfen zu haben. Wahrscheinlich entkam ich so einer weiteren Traumatisierung.
Nur eins konnte uns noch retten: Augen zu und durch. Schlafen, aufstehen und nichts wie weg hier!
Und morgen soll es regnen…
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