Maximale Höhe: 826 m
Minimale Höhe: 687 m
Gesamtanstieg: 470 m
Gesamtabstieg: -388 m
Etappe 10 | Münchner Jakobsweg | Wessobrunn – Hohenpeißenberg
Die Nacht auf dem Bauernhof in Haid nahe Wessobrunn war sehr erholsam. Es war äußerst interessant ein typisch bayerisches Bauernhaus, das voralpenländischen Charme versprüht, zur Abwechslung mal von innen sehen zu dürfen. Es war für uns eine neue Erfahrung, ein Quartier in einem Privathaus zu beziehen. Es fühlte sich an, als ob wir bei Verwandten oder Freunden zu Besuch wären und dort übernachtet hätten. Die Tatsache, dass wir das gemeinsame Bad benutzten und zum Frühstück in die Familienküche, die sich gegenüber unserem Zimmer befand, eingeladen wurden, verstärkte dieses Gefühl.
Der Frühstückstisch war reichlich mit allerlei guten Sachen gedeckt, die der Bezeichnung „Biohof“ alle Ehre machten. Da wären unter anderem: Obst und Gemüse aus eigenem Anbau, Biojoghurt oder die selbstgemachte Konfitüre.
Das gemeinsame Frühstück bot eine gute Gelegenheit für ein längeres Gespräch mit unseren Gastgebern. Wir erhielten einen kleinen Einblick in das bäuerliche Leben im Voralpenraum, bekamen Tipps für den weiteren Weg und erfuhren, wie es dazu kam, dass unsere Gastgeber damit anfingen, Jakobsweg-Pilger und andere Vagabunden in ihrem trauten Heim zu beherbergen.
Alles begann mit der Pilgerschaft ihrer direkten Nachbarin Uschi nach Santiago de Compostela. Wieder zurück in der Heimat beschloss Uschi, eine Pilgerherberge in ihrem Haus einzurichten. Sie nannte sie – wie könnte es anders sein – „Uschis Herberge“. Man kann diese freundliche Unterkunft gar nicht verfehlen, denn sie liegt direkt am Jakobsweg. Uschi stiftete darüber hinaus eine Bank und einen Meilenstein mit dem Jakobsweg-Zeichen darauf. Sie weiß nämlich aus eigener Erfahrung, was ein Pilger braucht.
Vom Jahr zu Jahr wurde der Pilgerzulauf größer und größer. Irgendwann war es soweit, dass Uschi nicht genügend Platz in ihrer Herberge hatte und sie Pilger und andere Wanderer abweisen musste oder nahe dran war, das zu tun (so genau weiß ich es nicht). Da kam sie auf die Idee, ihre Nachbarn zu fragen, ob sie vielleicht ein paar Schlafplätze für die Pilger in ihrem großen Bauernhaus einrichten könnten. Und so richteten unsere netten Gastgeber zwei Zimmer für die Pilger ein.
Mittlerweile hat sich die jährliche Anzahl der Übernachtungen auf dem Bauernhof bei 50-70 eingependelt. Das Buch „Ich bin dann mal weg – Meine Reise auf dem Jakobsweg“ von Hape Kerkeling, das im Eiltempo zum Klassiker wurde, wie auch die Buchverfilmung, bescherten dem Jakobsweg und den zahlreichen Pilgerherbergen einen regelrechten Boom. Das bekamen auch unsere Gastgeber im besten Sinne zu spüren. Auch das Jahr 2016, das der Papst Franziskus zum „Heiligen Jahr“ ausgerufen hatte, führte dazu, dass sie bis zu – sage und schreibe – 200 Übernachtungen verzeichnen konnten!
Auf die Bitte unserer Gastgeber hin, trugen wir uns mit ein paar Worten in ihrem Gästebuch ein. Jetzt aber auf geht‘s, höchste Zeit aufzubrechen!
Auf dem heutigen Weg durften wir immer wieder das herrliche Alpenpanorama genießen. Die Berge lagen vor uns zum Greifen nahe und doch so fern, sodass sie am Horizont fast mit dem blauen Himmel verschmolzen.
Auch die Kirchen auf dem Weg wollten bewundert werden. Sie sind wundervolle Orte der Ruhe für die Seele und für den Körper. Rucksack runter, oft auch die Schuhe, ein Gebet und viele Fotos. Auf den Friedhöfen fallen die wunderschönen schmiedeeisernen Grabkreuze sofort auf. Die Eisenkreuze haben vor allem in Süddeutschland und in Österreich eine lange Tradition. Eine wunderschöne Schmiedekunst. Jedes Kreuz ein Unikat und ein wahres Meisterwerk!
Was in den Kirchen des Voralpenlandes immer wieder zu finden ist, ist die Nummerierung der Sitzplätze in den Kirchenbänken. Was es damit auf sich hat, erklärt das Domradio der Erzdiözese Köln auf seiner Website sehr gut: domradio.de.
Obwohl der Münchner Jakobsweg sehr gut beschildert ist, kann es passieren, dass man an einer Weggabelung die Gehrichtung des Wegweisers falsch interpretiert. Das passierte auch uns und so fanden wir uns plötzlich mitten auf einem Bauernhof wieder. Upps! Wir schaffen es anscheinend, uns nicht nur in einem Wald zu verlaufen, sondern auch im freien Gelände. Sich zu verlaufen ist eine unserer leichtesten Übungen!
Wegen Gewittergefahr entschieden wir uns den Hohen Peißenberg lieber doch nicht zu besteigen, sondern ihn unten herum zu umgehen. Ein plötzlich grollender Donner bestärkte uns in unserer Entscheidung.
Mit dem Weg kommt der Hunger und so suchten wir gegen 15 Uhr den Gasthof Hetten auf. Die freundliche Bedienung informierte uns sogleich, dass es um diese Zeit bedauerlicherweise kaum noch Wahlmöglichkeiten an Mittagsgerichten gäbe, nur Schweinshaxn und Semmelknödel mit Rahmschwammerl waren noch übrig. Und so kamen Dominik und ein Schweinshaxn zum ersten Mal zusammen! Was für ein Augenschmaus! Damit meine ich sowohl das Essen als auch den Anblick meines Sohnes, wie er sich an dem Haxn gütlich tat! Wir waren überglücklich, überhaupt noch was zum Essen bekommen zu haben. Schwein gehabt, im wahrsten Sinne des Wortes!
Gut gestärkt machten wir uns auf den Weg zu unserer heutigen Unterkunft. Auf den letzten Metern begann es leicht zu regnen. Mit letzter Kraft erklommen wir die Treppen zu unserer Übernachtungsmöglichkeit: einer herrlichen Ferienwohnung mit Panoramablick auf die Alpen. Ein Paradies auf Erden! Kaum angekommen, begann es auch schon wie aus Kübeln zu regnen. Glück muss man haben!
Zu den vielen guten Erlebnissen des Tages kam am Schluss noch eins dazu: ein schönes Gespräch mit der Vermieterin der Ferienwohnung, einer netten und gesprächigen Frau.
Ein sehr gelungener Ausklang des Tages!
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